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Adelung (1793-1801)
2,887 Hafer
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Bey dem Hornegk Haber, im Nieders. Haver,
im Engl. Haver, im Dän. Havre, im Schwed. Hafra, im Engl. Haver, im Dän.
Havre, im Schwed. Hafra, in Upland Hagra, Finnländ. Caura.
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Wachter leitet es sehr gezwungen von
aben, abnehmen, her, weil Plinius sagt, daß die Gerste in den Hafer
auszuarten pflege;
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Ihre nicht viel wahrscheinlicher von dem
mittlern Lat. Averum, ein Pferd, (welches doch zum Worte habe gehöret,)
weil der Hafer das gewöhnlichste Futter der Pferde ist.
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Das Lat. Avena ist ohne Zweifel mit dem
Deutschen Hafer verwandt; aus dem erstern haben die Franzosen ihr Avoine
und von dem letzten ihr Averon.
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Im Hebr. ist בר [bar] Getreide.
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Viele schreiben dieses Wort Haber, und
nähern sich damit der Aussprache des gemeinen Lebens mehr. In der
anständigern Sprechart lässet man so wohl im Hoch- als Oberdeutschen das f
deutlicher hören.
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Grimm (1877)10,78
Haber
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Zur etymologie dieses wortes ist GDS. 66
auf den lautlichen zusammenhang mit ags. häfer, altn. hafr bock
hingewiesen, und habaro als speise des hapar, des bockes gedeutet worden;
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schwerlich unanfechtbar, schon weil
abgesehen von andern gründen der haber nicht als ausschlieszliches oder
auch nur vorzugsweises futter des bockes gegolten haben kann.
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eine andere hiermit vorgetragene
vermutung geht von der besonders ins auge fallenden gestalt der
haberpflanze aus. alle andern getreidearten, korn, gerste, weizen, dinkel,
wachsen in geschlossenen ähren, nur der haber setzt oberhalb des halmes
die feinen, beim leisesten winde sich bewegenden und zitternden rispen an.
nun heiszt altind. kamp zittern, sich bewegen, kampra adj. zitternd,
beweglich, behende (Böhtl.-Roth 2, 77. 78), ćapala sich hin und her
bewegend, beweglich, schwankend, als subst. auch das quecksilber, sowie
den langen pfeffer bezeichnend (ibid. 947), letztern wol wegen seiner art,
in dünnen ranken empor zu schieszen. insofern nun ćapala aus der bedeutung
beweglich in die leichtsinnig, leichtfertig übergeht, wird nichts entgegen
stehen,
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auch den ags. altnord. namen des bockes
häfer, hafr an diesz wort und die wurzel kamp anzuschlieszen (tenero
lascivior haedo. Ovid.).
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Kluge (1894) 148 Haber
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Für den Ursprung der deutschen Sippe ist
... in aschwed. hagre (finn. kakra) zu beachten.
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Die gewöhnliche Ableitung von anord.
hafr, ags. hæfer M. 'Ziegenbock' (lat. caper, griech. κάπρος [kápros]...
ist daher unmöglich, zumal dieses Wort wesentlich den Dialekten zukommt,
denen Hafer fehlt; auch müßte Hafer das Lieblingsgericht des Bocks sein,
um nach diesem seinen Namen zu haben.
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Vielleicht ist gr. κάχρυς [kákʰrys]
'geröstete Gerste' (idg. Grundform khaghwes) als urverwandt zu
vergleichen.
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Pokorny (1959/2002) 529
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Specht: zu kap- 'Stück Land, Grundstück'
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'Bockskorn' zu kapro- Ziegenbock'
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hagra als 'begranntes Gras' zu hagr
'grobes Rosshaar', dazu die kelt Wörter < *korkri̭o-
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J. de Vries (1971), Nederlands Etymologisch Woordenboek
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haver 1 znw. v., mnl. hāver, hāvere m.
v., os. haƀoro m., ohd. habaro m., on. hafri. m. Etymologie is onzeker. —
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1. Wegens de overeenstemming van on.
hafri ‘haver’ en hafr ‘bok’ heeft men het eerste van het tweede willen
afleiden: bokken zouden vooral met haver gevoerd zijn (Falk-Torp 387).
Zeer onwaarschijnlijk. —
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2. Naast hafri staat ogutn. hagri,
nnoorw. zw. dial. hagre (> fins kaura, kakra, eestn. kaer, liv. kagr); dit
woord is te verbinden met nnoorw. dial. hagr ‘staartharen van een paard’
en dan zou de haver naar de behaarde stekels benoemd zijn (vgl. Hellquist
341). Dan zou volgens H. Peterson LUÅ 1918 Nr. 31, 19 hafri evenzo te
verklaren zijn: vgl. lat. capronae ‘haar op het voorhoofd’ en oi. śipra-
‘haar’. —
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3. Anders weer J. Charpentier KZ 40,
1907, 436 bij oi. śaspa- ‘jong gras, graskiem’. —
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4. Wood MPh 17, 1919-20, 568 vergelijkt
weer osl. koprŭ ‘schermplant’, dat hij verder verbindt met heffen en dan
zou het woord eigenlijk betekenen ‘iets zwellends; tros’. —
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5. Specht, Idg. Dekl. 27 neemt een r-afl.
van os. hōƀa, ohd. huoba ‘stuk land; hoeve’ aan en vergelijkt voor de bet.
ontw. lit. dirvà ‘akker’ naast oi. dūrvā ‘gierstgras’ (zie: tarwe). —
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De haver avena sativa is geteeld uit de
wilde haver avena fatua en komt vooral in N. Europa voor (in het gebied
der Middellandse Zee werd de plant eerst relatief laat bekend en vooral
als veevoer gebruikt). De archaeologie heeft geleerd, dat reeds in de
bronstijd op de Deense eilanden haver verbouwd werd. Onmogelijk is het dus
niet, dat de Germanen de naam van een substraatvolk hebben overgenomen.
Zie Hoops, Waldbäume und Kulturpflanzen 403 vlg. — Een andere naam is
evene
=
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Hafer mnl. hafer, havere, and. haƀoro,
habaro, anord. hafri.
Etymologie ist unsicher. -
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1. Wegen der Ähnlichkeit anord. hafri
'Hafer' und hafr 'Ziege' kann das erste vom zweiten abgeleitet werden:
Ziegen sollten in erster Linie mit Hafer gefüttert worden sein. Sehr
unwahrscheinlich. -
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2. Neben hafri steht agutn. hagri, nnorw.
Dial. hagre (> finnisch kaura, kakra, estn kaer, liv. kagr ..); dieses
Wort mit nnorw Dial. hagr 'Schweifhaare des Pferdes', sodass Hafer nach
die behaarten Spitzen genannt wurde. so soll hafri ebenfalls erklärt
werden: vgl. lat. capronae 'Stirnhaar' und aind. śipra- 'Haar'.
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3. zu aind. śaspa- 'junge Gras,
Grassamen.
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4. zum aslaw. Pflanzennamen koprŭ, zu
"heben", dann würde das Wort eigentlich 'etwas Schwellendes, Haufen'
bedeuten.
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5. zu and. hōƀa, ahd. huoba 'Land;
Bauernhof "(vgl. lit. dirvà "Feld" neben aind. durva 'Hirse Gras').
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Hafer (Avena sativa) ist aus Flughafer (Avena
fatua) gezüchtet und kommt vor allem in Nordeuropa vor (im
Mittelmeerraum wurde die Pflanze erst verhältnismäßig spät bekannt und vor
allem als Tierfutter verwendet ). Die Archäologie hat gezeigt, dass
bereits in der Bronzezeit auf den dänischen Inseln Hafer angebaut wurde.
Unmöglich ist es nicht, dass die Germanen den Namen von einem Substratvolk
übernommen haben. Ein anderer ndl. Name ist evene.
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Kluge 2002
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Hafer (10. Jh.), mhd. haber(e), ahd.
habaro, as. havoro. Führt mit anord. hafri auf g. *habrōn m. "Hafer".
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Air. corca, kymr. ceirch "Hafer" (<
kelt. *korkkjo-) könnte für das Germanische auf eine Grundform (ig.) *korkwro-
(mit Dissimilierung des ersten -r- und Labial für Labiovelar) führen, so
daß eine andersartige Herkunft (wohl Substratwort) anzusetzen wäre.
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Die Form Hafer ist erst in
neuhochdeutscher Zeit aus dem Niederdeutschen eingedrungen. Zuvor obd.
Haber.
Ebenso nndl. haver, nschw. havre, nisl. hafur.
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Überblick:
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Adelung
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lat. avena 'Hafer'
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hbr. בר bar Getreide
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Grimm
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Kluge (1894)
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Pokorny
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J. de Vries
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nicht zu anord. hafr 'Bock'
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nnorw. Dial. hagre zu hagr
'Schweifhaare des Pferdes'
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aind. śaspa- 'junge Gras, Grassamen'
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aslaw. Pflanzennamen koprŭ
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SaAi (1959/89) koprъ 'Dill'; 251: "Dunkel"
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kann aus *kapros entstanden sein
(aslaw. o < ă oder ŏ,
Bräuer 1,75)
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vgl. griech.
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and. hōƀa, ahd. huoba 'Land; Bauernhof
"(vgl. lit. dirvà 'Feld' neben aind. durva 'Hirse Gras')
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Kluge 2002
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Alternativen:
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noach.
*жer-
'wachsen lassen, säen'
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adam.
*k¤k¤
'farbige Kern- oder Steinfrucht'
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(n)dt. Kaff 'Spreu'
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griech.
JaSei 928
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κυπάρισσος kypárissos 'Zypresse'
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κύπε(ι)ρος
kýpe(i)ros 'Zypergras' (Cyperus
rotundus mit essbaren Früchten)
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κύπρις
kýpris 'Blüte von Henna, Ölbaum,
Weinstock'
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κύπρος kýpros 'Hennastaude'
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zu vgerm. *karp- 'abschneiden, pflücken
(Pokorny
944) zu
Herbst < *harƀistuż
'Erntezeit'
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unregelmäßige Metathese
kapros < *karpós 'Abgeschnittenes, Frucht'
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ähnlich lat. carpa > dt. Karpfen /
griech. κυπρῖνος kyprînos
JaSei 928
('aus dem Wasser geerntet', vgl.
Meeresfrüchte)
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Normal wandert das r auf die
andere Seite des Vokals (Brunnen / Born).
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dissimilatorischer Schwund
KraheG 1,118 < germ. *ħarƀara(n)
< vgerm. *karp-aro 'Ernte, Frucht' > *karp- 'abschneiden, pflücken'
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wie mhd. querder
Lexer
2,323 > Köder
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germ. Verbalableitungen auf -ra sind
meist Adjektive; Substantive sind selten.
KraheG 3,78f
Der in anderen Beispielen gut bezeugte dissimilatorische
Schwund ist wahrscheinlicher als eine unregelmäßige Metathese.
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Grundsätzliches:
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"Bockskorn":
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Hafer war wohl zuerst der Name des
Ackerunkrauts Flughafer, daher kann "Bock" verächtlich gemeint sein
("taugt nur als Futter"), vgl. engl.
horse
radish 'Meerrettich', der grad mal als Pferdefutter taugt, und die
Schlussbemerkung von de Vries und
Johnson (gehässig): "A grain, which in England is generally given
to horses, but in Scotland supports the people. = ein Getreide, das in
England allgemein den Pferden gegeben wird, aber in Schottland die
Menschen ernährt."
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dafür:
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Das
Haferkorn mit seinen beiden Grannen erinnert an einen Ziegenkopf. (Bild)
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die Wortgeographie:
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Das Wort für 'Bock' ist nur anord.
Standard, aengl. vielleicht Lehnwort, sgerm. fast nur in
Zusammensetzungen
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Die Wörter für 'Hafer' kann ich im
Anord. quellenmäßig nicht nachweisen, das Engl. hat
oats, mengl. und
Scots wohl Lehnwort, sgerm. Ableitung
*ħaƀra(n)
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aengl. áte
Hall 29, engl.
oat ist falsch abgetrennt < gáte
Hall 148,
engl. goat, missdeutet als ge-áte? Das wäre ein starkes Argument
für "Bockskorn".
d. h. es besteht im bekannten
Vokabular kaum Verwechslungsgefahr.
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"Bockskorn" ist einfacher als
Metathese *karpós 'Frucht' > *kaprós 'Hafer'
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Ngerm. hagr 'Hafer' kann ein
Reliktwort sein, das mit verbesserten Sorten durch sgerm. hafr
verdrängt wurde.
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vgerm. *kokró- > germ. *ħaḣra- >
ngrm. hagr 'Korn'
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dazu kelt. *corc(i)a 'Hafer
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wie
lat.
cicer 'Kichererbse', Krokus und alban.
kókërr 'Korn, Körnchen, Beere, Frucht,
Knolle, Kugel' < noach.
*cë\r/ce\r/ 'Fruchtkern, Hülsenfrucht'
mit unterschiedlicher Vereinfachung der Reduplikation.
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Es ist aber merkwürdig, dass sich hafr
und hagr nur durch einen Konsonanten unterscheiden. Da ist doch eher
anzunehmen, dass es sich um Aussprachevarianten handelt:
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Kopenhagen = dän. København [kʰøb̥m̩ˈhɑʊ̯ˀn] 'Kaufmannshafen'
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Hafr [haur] wurde also in einigen
Gegenden als /hagr/ verstanden und so geschrieben.
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Aber finn. kaura, estn. kaer, liv.
kagra, ingr. kagra, karel. kakra setzen hagr voraus.
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vgl. finn naula, estn. nael < Nagel.
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nicht hierher: finn. kauris
'Steinbock, Reh'
KleRek 265,
da ingr., karel. kapris Reh, Bock'
Kylstra 2,65
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Das würde voraussetzen, dass die
heutige dän. Aussprache sehr alt ist.
also unwahrscheinlich.
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Der aslaw. Pflanzennamen koprŭ kann
aus *kapros entstanden sein (aslaw. o < ă oder ŏ,
Bräuer 1,75),
Herkunft und Bedeutung aber
unsicher.
gehört nicht hierher.
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Lat.
avēna 'Hafer; Halm, Rohr; Hirtenpfeife'
LU 125 hat offenbar die
Grundbedeutung 'Halm' und gehört daher zu *aulos 'Röhre' (anders
Pokorny 88)
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Eine orientalische Herkunft des Namens
ist angesichts der jungen
Geschichte des Hafers unwahrscheinlich.
zurück Hafer |
kaura |