Befund
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lünse
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aengl. lynis
'Achsnagel'
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ahd.
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lun,
lon, luna, lona 'Riegel, Achsnagel'
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luning,
lunis 'Achsnagel'
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luno
'Pflock'
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mhd.
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and. lunis
'Achsnagel'
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Leuchse
Belege
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Adelung (1793-1801) 2,2133
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Die lünse,
plur. die -n, eine Benennung des Achsnagels, oder desjenigen dicken
Nagels, welcher vor dem Rade eines Wagens durch die Achse gestecket wird,
damit es nicht von derselben ablaufe. In den gemeinen Mundarten bald Lunse,
Lönse, Linse, Lunze, lünsch, bald nur Lehne, Lihn, Lien, Leine, Lan, bald
gar Leuchse, im Engl. Linspin, im Schwed. Lunta, Luntsticka, im Holländ.
Londse, im Böhm. Launek. ... Eine lünse mit einem breiten blechernen Kopfe
zur Abhaltung des Kothes, heißt eine Decklehne, oder Decklünse. In einigen
Oberdeutschen Gegenden führet die lünse den Nahmen des Kipfes.
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BMZ (1854/1866)
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II 1,
297b lunnagel stm. achsennagel am wagen. humerulus, clavus in extremitate
axis, ein lonen nayl
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I 1051 a LUN
f. achsnagel am wagen; mundartlich noch 'lünse'. obex est clavus in axe
ante rotam e i n l ö n e
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Hall (1855-2004) 223
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Lexer (1872-78 / 2002)
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1,1941
liuhse f. stemmleiste, lahnstange. liuchse, leuchse trabale
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L1,1982 lun,
lon, lan stf. lune, löne swf. achsnagel, lünse, obex, opex, paxillus, limo
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L11984
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lun-nagel
stm. achsnagel, humerulus GL. vgl. lunsnagel.
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lunse, luns
f. dasselbe. furcale (auch lonse). obex, opex (lonsche). lunsche
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Grimm (1885)
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12,826
Web Leuchse 'stemmleiste, lannstange, runge eines leiterwagens'
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12,1306
Web lünse 'achsnagel'
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ahd. lun(a)
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lan, laun,
lon, lünne, lönne, lehne
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lunse, lonse,
lenze, lunsche
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ndl. luns,
lens
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engl. linch-,
link-pin
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dän.
lunt-stikke
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HoltAs (1954) 49
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Die Stütze
zwischen Wagenleiter und Achse heißt nach
ShWb 4,311 (1978)
Der
Achsnagel heißt nach
ShWb 4,441 f (1978)
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Köbler
ATW (1994) 223
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lun, lon,
luna, lona 'Riegel, Achsnagel'
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luning,
lunis 'Achsnagel'
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luno
'Pflock'
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Kluge 2002
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Pfälzer
Wörterbuch
online
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Leichs (laigs), Leuchs (lǫigs)
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Leunchs (lǫings)
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Leins (lains)
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Leis (lais, -ḁ-), Leus (lǫis), Leisel,
Laas, Pl. Leise, Lies (līs)
Theorien
Diskussion
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Leuchse und
lünse sind zwei sehr spezielle Ausdrücke für Wagenteile, die wohl nur bei
einer kleinen Personengruppe gebräuchlich waren. Ich selbst kannte diese
Bauelemente ohne zu wissen, wie sie hießen. Umgekehrt werden manche
Etymologen die Vokabeln behandelt haben, ohne die Sache zu kennen. Bei
diesen Spezialausdrücken ist es schon mal erstaunlich, dass die Namen in
älteren Sprachzuständen überhaupt überliefert sind.
Erschwerend tritt hinzu, dass die Sache nicht beschrieben, sondern nur mit
regionalen Synonymen erklärt wird, und dass es in der Wagenkonstruktion
Unterschiede gab. Ferner muss man auch eine historische Entwicklung in
derselben Gegend annehmen. Es ist also kaum zu sagen, wie Leuchse und
lünse ursprünglich beschaffen waren.
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Die
Vermengung von Leuchse und lünse (Adelung, ShWb) lässt vermuten, dass es
sich um dasselbe Wort handelt. Denselben
Eindruck machen auch poln. luśnia 'Leuchse, Runge' / lit. lušìs
'Achsennagel'.
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Deutungsversuche
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zu Lanze
(Adelung)
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zu aind.
an̟í- 'lünse' (Kluge 1894) bzw. *el- 'biegen' (Pokorny, Kluge 2002)
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An̟í- < *arni-
< *alni-, ist plausibel.
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Da das aind.
und dt. Wort dieselbe Bedeutung haben, könnten beide verwandt sein.
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Die
erschlossene Grundbedeutung 'biegen' er gibt sich aus der Annahme, dass
die lünse ein Metallnagel ist, der umgebogen wird, damit er nicht
herausfällt (Kluge 2002).
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Das ist aber
ein Trugschluss, denn lünsen brauchte man schon in der Steinzeit und nahm
dafür hölzerne Pflöcke (Bild,
Rekonstruktion). Dafür sprich auch ahd. luno 'Pflock' und lun 'Achsnagel,
Riegel'.
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zu *leu-
'loslösen' (Kluge 1894) bzw. zum selben leu- 'abschneiden, trennen,
loslösen'... lŭ-no- 'geschnitten' (Pokorny 681 Nr. 2)
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dazu passt
die ahd. Bedeutung 'Riegel, Pflock'
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Formen mit
-n bei Pokorns 881 f:
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ai. lunâti
'schneidet, schneidet ab'
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ai. lūná-
'abgeschnitten, geschnitten'
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mir. lon
'Hammel, Schöps'
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got. lun
'Lösegeld', us-luneins 'Erlösung'
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ags.
á-lynnan 'erlösen'
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dazu die
Formen mit -s, die zu den baltoslawischen Wörtern für 'Leuchse' passen
könnten:
möglich,
aber nicht wirklich überzeugend
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Die alten
Formen luna, liuhse, baltoslaw. *ĺuš- erinnern an leuk- 'leuchten',
louksn- 'Leuchte, Mond'
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Bei dem
Modell "Gedeckter
Wagen (Wikimedia Commons)" sind die Räder nicht durch Pflöcke, sondern
durch an den Achsen befestigte Scheiben gesichert, die man vielleicht als
"Monde" verstehen kann, wahrscheinlich nur eine ungenaue Darstellung. Denn
zwischen Nagel bzw. Splint und Nabe befand sich noch in unsrer Zeit eine
lose sitzende Lochscheibe, welche die Reibung mit dem Splint verminderte.
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Ähnlich bei
Keltischer Wagen aus Hochdorf (Wikimedia Commons) mit auf die Achse
gesetzten Buchsen.
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Es ist
allerdings der Lichtstrahl nach einem hölzernen Stab benannt, nicht
umgekehrt (lat.
radius,
dt. Strahl).
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Die Leuchse
am Leiterwagen ist im Unterschied zur Runge nicht fest in der
Wagenkonstruktion verankert, sondern unten mit einer Öse an der Achse und
oben mit einem Ring am oberen Leiterbaum befestigt, sitzt also "lose" oder
"locker", weil die Leitern nur für die Heut- und Getreideernte gebraucht
wurde, an Stelle der aus Brettern bestehenden Seitenwände.
Erklärung
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