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Heinrich Tischner Fehlheimer Straße 63 64625 Bensheim |
Etymologieschelchmhd. 'Wildpferd' |
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Im Nibelungenlied Strophe 943 C wird als Jagdbeute Siegfrieds ein Wildschwein [1] und ein Löwe aufgeführt, nach 945 C: ein Wisent, ein Elch [2], vier Auerochsen, ein Schelch, 944 ein Eber, 955 ein Bär. Was ist ein Schelch? Man sollte annehmen, dass es ein nicht aufgeführtes größeres Tier ist, also Reh, Rothirsch, Wildpferd [3] oder Wildschaf. Schelch scheint eine Nebenform von mhd. schele, schelhe,scheller zu sein, das 'Zuchthengst' bedeutet, daher unser Schälhengst., Grundbedeutung wohl 'Springer' [4]
Trotzdem halte ich es für unwahrscheinlich, dass der
Schelch ein Rehbock war. Dagegen spricht die sonstige Bedeutung dieses
Wortes, nämlich 'Zuchthengst'. War der Schelch ein männliches
Wildpferd?
Was waren das aber für Tiere, deren Jagd durch Kaiser
Otto I. verboten wurde? Schelo ist doch wohl der 'wilde Hengst',
elo könnte das sein, was man heuten einen
Braunen, d.h. ein
'braunes Pferd' nennt, also ein anderes Wort für 'Wildpferd'.
Schelo odde
elo wäre ein paariger Begriff, wie er in Sprichwörtern und Rechtsregeln
beliebt war (vgl. "über Jahr und Tag", "Tisch und Bett teilen"). Warum führt der Nibelungendichter den Schelch und nicht den Hirsch auf? Weil er ein Reimwort auf Elch brauchte. Da hatte er nicht allzu viel Auswahl und für Hirsche und Rehe war in der Strophe einfach kein Platz. |
[1] halpfwol (= A halfswuol), gedeutet als 'nicht ganz ausgewachsenes Wildschwein' [3] Noch heute gibt es bei Dülmen in Westfalen wilde Pferde, die Merkmale echter Wildpferde tragen. Schon 1300 gab es rechtliche Regelungen darüber. [4] Das Wort gehört wohl zusammen mit mhd. schellec 'aufgeregt' (von Pferden und Hunden, von einem erschreckten Hasen; heute noch schwäb. schellig 'wild, aufgeregt') und schel (von einem Pferd), Grundbedeutung wohl 'aufspringend', was für aufgeregte Pferde, Hunde und Hasen zutrifft, aber auch für einen Hengst, der eine Stute "bespringt". [5] Deutsches Wörterbuch 14,2489. [6] Wild, das auf Deutsch elo oder schelo heißt [7] Ahd. elo bedeutet 'bräunlich' (mhd. nicht nachgewiesen) [8] Plinius 8,120
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[9] aus dem Griechischen. Die
gängige Übersetzung
Bockhirsch missachtet die abweichende
Wortstellung im Griechischen und Deutschen bei Zusammensetzungen.
Hippopotamos
ist nicht 'Pferd' (hippos)
+ 'Fluss (potamos),
sondern ein
Flusspferd.
[10] lat. cervus [11] Hirsch ist an sich das männliche Tier. Das weibliche heißt Hinde. [12] vgl. lat. capreolus, weiblich caprea (zu caper Ziegenbock), beide nur selten erwähnt. Die Wörter wurden wahrscheinlich erst später auf das Reh gedeutet. [13] ähnlich für andere wichtige Nutztiere wie Schwein und Rind [14] Dass es tatsächlich zu solchen Kreuzungen kam, zeigen die Dülmener Wildpferde, die sich offensichtlich mit zahmen vermischt haben. Es haben sich also auch zahme Hengste mit wilden Stuten gepaart. |
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Sprachecke 28.08.2012 |
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Datum: 2005 Aktuell: 18.01.2022 |