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splat. cappa 'Kapuze'
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1. Teil eines
Messgewandes, das auf den Schultern liegt (die Kapuze der
Kasel)
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2. eine
weibliche Kopfbedeckung, wohl eine Art Kapuze'
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mlat. cappa
'Umhang, Mantel, ein geistliches Gewand, Tonsur, Kappe, Haube, Helm'
Georges 1,982
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Du Cange
spezifiziert die Bedeutungen von capella:
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1. CAPELLA,
Brevior capa.
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Capella
S. Martini, brevior fuit capa ejusdem Sancti, quam in Palatio
asservatam diximus, et ad quam sacramenta præstabantur
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2. CAPELLA,
Postmodum appellata ædes ipsa, in qua asservata est Capa, seu Capella S.
Martini, intra Palatii ambitum inædificata : in quam etiam præcipua
Sanctorum aliorum λείψανα illata, unde ob ejusmodi Reliquiarum reverentiam
ædiculæ istæ. Sanctæ Capellæ vulgo appellantur.
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3. CAPELLA,
Ministeria ac vasa sacra, quæ Sacerdoti ad sacra peragenda necessaria sunt.
Cum enim asservarentur præter reliquias SS. in Capellis istis Palatinis,
vasa, instrumenta, ornamenta, ac cimelia Ecclesiastica majoris momenti,
quæ Ministeria vulgo appellabant, ea nomine collectivo, Capellæ nomine
postmodum donata sunt.
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4. CAPELLA,
Cancellaria : ita vero dicta quod in Capella Principis, seu Oratorio
Archivum, diplomata et regni monumenta olim, ut hodie, asservarentur.
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5. CAPELLA,
præterea appellata ædicula, in qua cimelia asservabantur.
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6. CAPELLA
postmodum dicta quævis ædicula sacra, oratorium, quod proprios Sacerdotes
non habebat
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7. CAPELLA,
Cœtus Clericorum, quos vulgo Capellanos vocant, qui Episcopis inserviunt,
eorumque adsunt ministerio.
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8. CAPELLA,
Pegma funebre, tumulus honorarius. (capella fustea 'etwas aus Holz, das
man auf die Leiche legt)
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9. CAPELLA,
Forum, locus contectus, ubi merces venum exponuntur, idem quod
Hala 1. Mensa, stallum.
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10.
CAPELLA, Pars fibulæ, vulgo Chape
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11.
CAPELLA, vox chimica, Aquæ stillatitiæ apex clibanarius, operculum
=
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1. kurze
capa (des hl. Martin)
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2.
danach benannt der Kultraum selbst, in der der Mantel des hl. Martin
aufbewahrt wurde, innerhalb der Pfalz, übertragen auf andere Kulträume
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3.
Schatzkammer für Kultgegenstände
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4.
königliches Archiv
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5.
kirchliche Schatzhaus
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6. jedes
kleine Gotteshaus, das keinen eigenen Priester hat
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7.
Konvent und Dienst der capellani, die im Dienst des Bischofs stehen
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8.
(unverständlich, Art Grabkreuz?)
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9.
Markthalle
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10. Teil
der Schnalle (frz. chape; wohl das Gegenstück der Nadel)
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11.
chemischer Ausdruck: Spitze / Deckel des Destillierapparats
Demnach
war capella:
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Quellen
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Capella
war ursprünglich ein Reliquienschrein, über dem man Eide ablegte. Die
Hüter der Schreins nannte man capellani, so dass capella die Bedeutung
'alle Hüter' und schließlich 'Kultraum' bekam.
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Cappa
'Kapuze' bezeichnete später den Kapuzenmantel. Aus capella schloss man
offenbar, dass auch Martin eine cappa getragen habe, wobei unklar ist, ob
an den Soldatenmantel oder die Kasel gedacht war.
Cappa soll
auch die Bedeutung 'Feldzeichen' gehabt haben.
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Diez (1897-89 / 1969)
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Kluge 2002 (ähnlich schon 1894)
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Kapelle
(9. Jh.) Entlehnung.
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Im
Althochdeutschen (ahd. kapella, mhd. kap[p]elle, kappel) mit der Bedeutung
"kleines Gotteshaus" entlehnt aus ml. cap(p)ella, eigentlich "kleiner
Mantel", einem Diminutivum zu l. cappa "eine Art Kopfbedeckung".
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Zunächst
Bezeichnung für das Gebäude, in dem ein Umhang als Reliquie des Heiligen
Martin von Tours aufbewahrt wurde. Dann Verallgemeinerung, auf "kleines
Gotteshaus".
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Die
Bedeutung "Gruppe von Musikern" entsteht als Bezeichnung für Musiker, die
bei festlichen Anlässen in der Schloßkapelle spielten.
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Wilhelm lüders, Capella. Die Hofkapelle der Karolinger bis zur Mitte des
neunten Jahrhunderts. capellae auf Königs- und Privatgut (1909)
- Die
Merowinger, erhoben Martin zu ihrem Nationalheiligen, aber von der
Verehrung des chlamys genannten Mantels hören wir nichts. Erst 675 wird
ganz selbstverständlich von Eiden berichtet, die man leisten musste im
Betraum der königlichen Pfalz über der capella domni Martini, der c. des
Herrn Martin. Diese Reliquie bekam im Merowingerreich immer größere
Bedeutung. Als ihre Hüter wurden capellani eingesetzt. Unter den
Karolingern spielte dieses Andenken keine Rolle mehr. Die capellani aber
gab es weiter, jetzt als "Hofprediger", das gesamte geistliche Personal
bekam nun den Namen capella, der dann auf den Andachtsraum übertragen
wurde.
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Verwirrung, weil nach Gregor von Tour,
Vita Patrum 8,5 von einer wunderkräftigen Kasel mit cappa-Kapuze des
hlg. Nicetius von Lyon berichtet wird.
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TH 08.12.2012: ein
sem. Wort,
vgl. arab. قباء qabbâʔ 'Obergewand, Mantel'
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Man kann
nicht alle Quellen
über einen Kamm scheren:
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Cappa war
in den ältesten Belegen (1-2) nicht der Mantel, sondern die Kapuze.
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Nach
den ältesten Belegen für capella (3-5) wurden Eide mit der Hand über
der capella des hl. Martins geschworen. Das kann man verstehen als
Du Cange
deutet capella als brevior capa 'kurze capa' und lehnt die Deutung als
capsella ab .
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In
6 ist capella die Gesamtheit der
capellani, die das Heiligtum hüteten, das
später capa beati Martini genannt wird. (7)
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Eine
capa wurde als Feldzeichen und Siegbringer auf den Kriegszügen
mitgeführt (8.9).
Auch die
Griechen hatten im Krieg eine kapa dabei, die von einem Mann getragen
wurde, der außer dem Bannerträger und dem Trompeter in der Nähe des Anführers stand
(9).
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Es ist
gut vorstellbar, dass man Martins Soldatenmantel als Fahne benutzt hat.
Aber auch bei den Byzantinern? Da heißt es nur, dass sie in der
Schlacht Reliquien namens kapa dabei hatten. Das war doch eher ein
Behälter als eine Fahne.
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Wahrscheinlich liegt eine Verwechslung vor: Nach
7 führten die
Franken ihr Heiligtum als magischen Gegenstand mit, der Sieg brachte.
Die zuständigen capellani trugen sie eher als Symbol, wie die
Bundeslade im AT oder wie die Monstranz bei einer Prozession. Erst
später kam der Gedanke auf, dass es sich um ein Feldzeichen gehandelt
habe.
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Bei
dem griech. Kapa-Träger (9)
ist es unwahrscheinlich, dass der Feldherr außer dem
βανδοφόρος
vandóforos 'Bannerträger' noch einen zweiten Standartenträger mit der
Kapa hatte. Der trug die Kapa aber nicht als Kleidungsstück, sondern βαςτάζων αὐτὶν
vastázōn avtín 'trug sie mit den Händen', kaum die Reliquie selbst,
sondern den Behälter, in der sie war. Der Ausdruck kapa legt den
Gedanken nahe, dass die Reliquie in ein Tuch gewickelt war, was aber
nicht zwingend anzunehmen ist. Es ist auch nicht gesagt, dass das
immer dieselbe Reliquie gewesen wäre.
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Verwirrend ist der Einschub, dass die Griechen wie die Franken "tragbare
Kirchen", d.h. doch wohl Zelte für religiöse Handlungen da bei hatten.
(9)
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10-14
belegen die Bedeutung von capella als Kleidungsstück.
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In den
späteren Belegen
ist aber capella hauptsächlich ein Raum.
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cappa 'Kapuze'
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Die
Reliquie, über der man schwor, hieß nicht cappa, sondern capella.
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In
späterer Zeit aber war capella das über der Tunika getragene Obergewand (12).
Das muss man dann doch verstehen als 'kurze cappa'. Da man mit den Enden
der "langen " cappa auch die Füße bedecken konnte (1),
wird die capella wie der
Kasel nur bis zu den Waden gereicht haben. Mit anderen Worten: capella
= Kasel!
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ir. cás 1.
casus 'Fall', 2. *capsus 'Behälter'; cásail f. *capsalis 'Futter,
Schachtel, Verkleidung, Rahmen (Fenster)'; casal m. *casulus 'Messgewand'
CaSchIr 63
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cymr.
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cab
'Feldbett; Hütte, Kabine; Kappe, Kapuze', caban 'Hütte, Kabine'
SpWelsh 62
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capan *capanna
'Kappe, Umhang,
Pluviale (Messgewand), Mantel; Türsturz'
SpWelsh 69
zeigen,
wie eng cappa und capsa verzahnt sind.
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cappa 'Decke' vgl.
roman. capanna *Zelt*, 'Hütte'
<
japhet.
*śkep- 'bedecken'
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Dim. capella
mit mehreren Bedeutungen
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