Befund
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15°
Wiki
ich red us keine Bockshorn. Geiler von Kaisersberg
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1507 ff G in ein bockshorn
treiben. Hedion kircheng. 317a;
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1519 G Teutschen seind
unvertreglich narren, thun ehe fridienst den ehrengenosz, dann das man sie
in bockshorn stosz. Brants freiheitstafel, Strobel 308. Zarncke 160b;
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15" G alle welt ist
erschreckt und überpoltert, bis sie endlich in ein bockshorn ist gejagt.
Luther 5, 218a;
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1539
G ich acht aber, dasz sich
der frei heilig geist, der freiheit mit sich bringt und gebirt wo er ist
nit also in ein bockshorn werde lassen zwingen und an gewis regel
menschlicher ordnung und glos lassen binden. Frank verbütsch. buch 402b;
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1541 G drumb solt man nit
so alle köpf in ein bockshorn begern zu zwingen. Frank spr. 2, 122a
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1574 G die conventsbrüder
vermeinten, der apt wolt sie gar in ein bockshorn zwingen, dieweil er sie
so heftig strafet. Höniger von Königsh. narrensch. 199;
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1590 G für leide in ein
bockshorn jagn. Ringwald laut. warh. 61 (1590. 58).
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1630
W
Wer sich in ein Bockshorn lässt treiben, den thut man hinein verleiben. –
Lehmann, II, 877, 237
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1677
W
Lass dich nicht ins Bockshorn jagen. Seybold, 344
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1726
W
Fur (wegen) oich krich ich in kee Buxhurn. – Robinson, 899.
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1821
W
Einen ins Bockshorn jagen. – Kirchhofer, 271; Eiselein, 88; Körte, 668.
Theorien
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G =
Grimm (1860) 2,207 f
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Man dürfte wol ans bockshorn der satyren, an
den panischen und teuflischen schrecken (s.bockelmann) denken, das fügt sich
aber nicht zu dem kriechen und jagen ins horn.
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eins unsrer kindermärchen no 37 läszt den
däumling in einem leeren schneckenhaus übernachten, und versteinerte
ammonshörner, widderhörner liegen auf den bergen, eine verschollne sage
könnte elbische wesen in solche hörner flüchten und schliefen lassen. doch
nie heiszen steinerne widderhörner bockshörner und nie sagt man ins
schneckenhaus treiben oder jagen. es musz also andere auskunft erwartet
werden.
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nur bei den Russen, nicht bei andern Slaven,
finde ich einstimmendes, vielleicht von uns entlehntes sognut' kogov''
baranii rog''.
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Bockshorn als Signalinstrument und bei
Pflanzennamen
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W
=
Wander
(1867-80) 1,419
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Ihn zaghaft
machen, in die Enge treiben: weil der Bock mit den Hörnern schreckt.
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Wenn
man das wörtlich nimmt, muss man den Betreffenden auf einen kampfbereiten
Bock zu treiben. Der hat aber zwei Hörner und es ist die Frage, wer in
diesem Fall mehr Angst hätte.
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Man
kann vielleicht auch einem Tier "in die Hörner" laufen (ebenfalls Plural),
aber die Hörner der Böcke sind so gebogen, dass sie damit nicht aufspießen
können.
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Da ein
Bockshorn eine nur unbedeutende Oeffnung hat, so muss jemand von Angst,
Furcht, Schreck u.s.w. sehr zusammengepresst sein, wenn er hinein soll.
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Andere wollen
das Sprichwort von dem Gelehrten Markus Zuerius van Boxhorn
herleiten, welcher anmassende, sehr gelehrt sein wollende Burschen oft
gehörig in die Enge getrieben haben soll, sodass man sie wol fragte, ob sie
ins Boxhorn gejagt worden wären.
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Noch auf
andere, aber kaum überzeugendere Weise sucht Wurzbach (II, 45) die Redensart
zu erklären, indem er annimmt, dass die Zusammensetzung der schwäbischen
Mundart angehöre, in welcher Bock einen Fehler und Horn soviel als Winkel
bedeute, wonach ins Bockhorn jagen soviel heissen würde, als in den
Fehlerwinkel treiben.
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RöLSR (1971/ 2000)
1, S. 229-232. Deutungsversuche
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wörtlich
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durch einen drohenden Bock / Teufel
einschüchtern
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jemand so klein kriegen, dass er in ein
Bockshorn schlüpfen möchte
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Verwendung von Hörnern zum Füllen von Wurst
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Bockstall als Strafwinkel in der Schule
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anekdotisch von Markus Zuerius van Boxhorn
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Missdeutung von it. dare l'erba cassia /
caccia 'den Laufpass geben' (zum Pflanzenname cassia fistula, deutsch z. T.
Bockshorn)
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nach dem stinkenden Bockshornklee
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in Norddeutschland Name des Osterfeuers (auch Bocksthorn),
in das das Vieh gestoßen wurde, um es vor Dämonen zu schützen.
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< Paoskthorn 'Osterturm'
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lässt
sich auch mit Bock 'Gestell' deuten, wenn das Holz nicht schräg zu einer
Pyramide aufgestellt, sondern waagrecht aufgeschichtet wurde oder gar zu
einem Gerüst gezimmert wie in
Lugau.
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Das
Vieh kann aber nur durch die Glut des abgebrannten Feuers getrieben worden
sein.+
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eine mittelalterliche Folterpraxis
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Haberfeldtreiben < *Haberfell 'Bocksfell'. Der
Delinquent hätte ein Bocksfell, später Hemd anziehen müssen. Bockshorn <
ahd. bockes-hamo 'Bocksfell'
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Das
Haberfeldtreiben in Oberbayern ist erst seit 1717 nachweisbar (Haberfeldtreiben
– Wikipedia. )
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Der
Name ist unerklärt, der Bezug zu Bockshorn also willkürlich.
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Ahd.
bockeshamo bzw. mhd. -hame lässt sich nicht nachweisen.
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Ahd.
hamo bedeutet 'Netz', gundhamo 'Kampfgewand', in Zusammensetzungen sonst
'Leib' (Splett
1a 349), mhd. ham(e) vor allem 'Netz', nur 1 Beleg lässt sich als 'lebende
Haut' verstehen (Lexer
1,1161).
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Euphemismus < Bocks Zorn < Gottes Zorn
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Im
Mittelhochdeutschen ist zwar "Bocks" als
tabuistische Entstellung von
"Gottes" bezeugt. Boxhorn < Gottes Zorn ist nicht belegt und gibt auch
keinen Sinn. Gottes Zorn schändet nicht, sondern straft. Man hat Menschen
dem Zorn Gottes anheim gegeben oder ausgeliefert, aber nicht hinein
gestoßen, getrieben oder gejagt. Man kriecht auch nicht hinein oder redet
daraus hervor.
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meine Erklärung 2007
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Der Zusammenhang lässt vermuten, dass es Narren waren, die man "ins
Bockshorn stieß" oder "zwang". War damit das
Narrenkleid
gemeint, das man nicht so einfach wieder ausziehen konnte? Bei der
Narrenkappe standen ursprünglich zwei Zipfel nach oben; sie wurden später
als Eselsohren gedeutet und entsprechend anders gestaltet. Es lässt sich
zwar nicht beweisen, dass man die Kappe als "Bockshorn" gedeutet hat. Es
lassen sich aber alle oben angeführten Redewendungen so verstehen. "Treiben,
jagen" passt allerdings nicht dazu und könnte entstanden sein, weil die
ursprüngliche Anschauung verloren gegangen war.
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Bei
GSimpl
2,6 wird der Held zum Narren gemacht, in ein Kalbsfell eingenäht mit einer
Gugel, die Eselsohren hat.
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wegen fehlender Belege
zweifelhaft.
Diskussion
Erklärung
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Die Belege sprechen für den Trichter. Das ist
klar nachgewiesener Sprachgebrauch, erklärt die alten Zitate und erspart
Spekulationen.
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Es kam
allerdings später zu einer Bedeutungsverschiebung 'Zwang > Angst,
Verwirrung'.
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