Überlieferung
Biblischer
Sprachgebrauch
rabbinische Tradition
karthagisch molc
unerwünschten
Nachwuchs töten
Unterweltsgottheit
durchs Feuer gehen
Form
Namenserklärung
heutiger Sprachgebrauch |
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Biblischer Sprachgebrauch
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Moloch ist kein Name, da der Ausdruck mit Artikel verwendet wird, z.B.
Lev 8,21: »Du sollst auch nicht eins
deiner Kinder geben, dass es dem Moloch (למלך
la-moläk)
geweiht werde.«
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Nach Jer. 19,5 wurden Kinder dem Baal als Brandopfer dargebracht.
Baal
hat hier wohl schon die Bedeutung 'heidnischer Gott, Götze'.
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Jer 32,35 »und haben die Höhen des Baal
gebaut im Tal Hinnom, um ihre Söhne und Töchter für den Moloch
(למלך la-moläk)
durchs Feuer gehen zu
lassen.«
Die biblischen Belege sind
entweder Verbote oder pauschale prophetische Kritik an der Vergangenheit.
Der einzige konkrete Fall ist der von König Manasse, der seinen Sohn
durchs Feuer gehen ließ (2. Kön 21,6, ohne die Erwähnung von Moloch).
Die Verfasser dieser Texte kannten also wahrscheinlich die kritisierten
Bräuche nicht mehr aus eigner Anschauung und hatten nur
verschwommene Vorstellungen von nichtisraelitischen Kulten, an denen sie
ja nicht teilnehmen durften und wollten. Die Belegstellen haben also nur
geringen Informationswert.
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Nach rabbinischer Tradition war Moloch ein
Metallofen in
Menschengestalt, der man die Kinder auf die glühenden Arme legte, wo
sie verbrannten.
Das erinnert an Dan 3: Nebukadnezar lässt ein
riesiges Bild aufstellen, das jeder anbeten muss, wenn er nicht in den
glühenden Ofen geworfen werden soll. Drei Juden weigern sich und überleben
die Strafe. Das kann man so verstehen, dass Figur und Ofen
dasselbe sind.
Antike
Autoren berichten, dass es auch in Karthago so eine Figur gab, die man
mit dem Gott Kronos in Verbindung brachte, der seine
eigenen Kinder fraß.
Ein ähnlicher Brauch ist von den Galliern berichtet:
»alii immani magnitudine simulacra
habent, quorum contexta viminibus membra vivis hominibus complent; quibus
succensis circumventi flamma exanimantur homines.« = Andere
haben Bilder von ungeheurer Größe, deren aus Ruten zusammengeflochtene
Glieder sie mit lebenden Menschen füllen. Diese werden von unten
angezündet, sodass die zusammengepferchten Menschen in der Flamme
umkommen.
Caesar, Bellum Gallicum 6,16,4
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Otto Eisfeldt fand 1921
in Karthago verbrannte Kinderknochen (meist von Säuglingen) und Inschriften. Dort steht
das Wort
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molc = מלכ
molk
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molchomor = מלכ חמר
molk ḥomor
hbr. חמר ḥmr
'glühen, brennen', arab. حمر ḥammara
'röten, rösten. Homor
ist vokalisiert wie Moloch.
Nach dem Zusammenhang ist weder ein König noch
ein Gott gemeint. Eisfeldt folgerte, dass dieses Wort ein
Opferterminus war und auch das biblische Moloch so zu verstehen ist.
Vgl. etr.
mlakʰ 'Darbringung, Opfergabe'
Eisfeldts bezog diesen Ausdruck molc
auf die Kinderknochen und dachte an eine Verbrennung lebender Kinder .
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Punisch
molc muss nicht dasselbe bedeutet haben wie hebräisch
moläk. Es ist zwar
wahrscheinlich dasselbe Wort, aber der biblische und punische Sprachgebrauch
könnten sich auseinanderentwickelt haben.
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Es ist
nicht bewiesen, dass molc ein Opferterminus war.
Molchomor "Röst-Molc"
scheint aber die Überlieferung von der glühenden Figur zu bestätigen.
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Wenn
molc ein Opferterminus war, kann er auch eine andere Opferart bezeichnet
haben.
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Die
antiken Quellen überliefern, dass die Karthager diese Opfer nicht
regelmäßig, sondern in äußerster Not darbrachten. Die biblischen Belege
erwecken aber den Eindruck, dass es sich um eine häufig durchgeführte Zeremonie
handelte.
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Es ist
nicht erwiesen, dass die karthagischen Kinder, deren Knochen man gefunden
hat, lebend verbrannt wurden. Es
könnte sich auch um eine Leichenverbrennung im speziellen Fall gehandelt
haben.
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Die
Berichte über Karthago und Gallien könnten auch Gräuelpropaganda gewesen
sein.
Caesars Anliegen im ganzen Buch ist, seine eigenmächtige Kriegsführung zu
legitimieren. Das tut er mit politischen Argumenten: Er wurde dazu
gezwungen. Sein völkerkundlicher Exkurs über die Gallier ist durchweg
sachlich und hat nicht die Absicht, die Gallier als Unmenschen darzustellen,
denen man das Handwerk legen muss.
Wir modernen Menschen
neigen dazu, solchen Berichten keinen Glauben zu schenken, da wir nie im
Traum daran denken würden, unsere Kinder so grausam einem Wahn zu opfern.
Wir übersehen dabei, wie viele Kindesmisshandlungen und -Tötungen es auch
heute noch gibt und zu welchen noch grausameren Gräueltaten der moderne
Mensch fähig ist.
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Heute haben wir die Möglichkeit,
nicht lebensfähige oder behinderte Kinder am Leben zu erhalten. In Rom und
Griechenland hat man unerwünschten Nachwuchs ausgesetzt oder getötet. Diente
das Molochopfer dazu,
unerwünschten Nachwuchs zu töten?
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Der Kinder fressende
Kronos = Moloch trägt die Züge einer vernichtenden
Unterweltsgottheit, die auch in anderen
Religionen bezeugt ist. In Mesopotamien hatte die "Himmelskönigin" Ischtar
grausame Züge. In Indien verehrt man die grausame und grausige Göttin Durga.
Selbst Jahwe wird in alten Geschichten als grausamer Dämon dargestellt, der
Jakob und Mose töten will und von Abraham verlangt dass er seinen einzigen
Sohn opfern soll.
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Von dieser durchaus glaubhaften
Kinderverbrennung zu unterscheiden ist wohl der Ausdruck "die Söhne und Töchter
durchs Feuer
gehen lassen" (hbr. העביר באש haʕabîr baʔéš).
Das kann doch nicht bedeuten, dass man sie verbrannt hat, sondern sie gingen
ins Feuer und kamen wieder heraus. Vielleicht war das ein Initiationsritus,
bei dem man durch die Flammen laufen (Feuersprung) oder auf glühenden Kohlen
gehen musste - ein symbolisches Opfer an die vernichtende Gottheit, die sich
damit zufrieden geben musste.
Auch von
Abraham wird berichtet, dass er auf göttlichen Befehl seinen Erstgeborenen
Isaak als Brandopfer darbringen wollte, hat es dann aber durch ein Tieropfer
ausgelöst. Auch heute noch werden die erstgeborenen Söhne der Juden
ausgelöst, allerdings durch einen Geldbetrag.
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Die hebräische Lautung מלך moläk ist gebildet wie קדש
qodäš 'Heilgkeit', אזן
ozän 'Ohr', אהל
ohäl 'Zelt, בהן
bohän 'Daumen', תפת
topät
'Verbrennungsplatz', בשת bošät 'Schande'.[1]
Die Form kann entstanden sein
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aus einer Grundform *mulku, Bedeutung unbekannt
vgl. hbr. ozän und arab. اذن
ʔuðn 'Ohr
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durch Überdehnung aus der Pausaform
[2]
*máläk 'König'
Bei Namen wählt die Septuaginta immer die Pausaform
vgl. למך Lämäk, Pausa:
Lámäk, Sam. Lēmek, griech. Λαμεχ
Lamekʰ,
lat. Lamech
Eine solche Lautentwicklung finden wir auch im Namen der Göttin
*ʕAštart
= griech Ἀστάρτη
Astártē
= hbr. עשתרת
*ʕAštárät
> überdehnt
ʕAštōrät.
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Die samaritanische Lautung מלך
mēlek ist überdehnt
aus mäläk 'König'.
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Bei griech. Μολοχ Molokʰ, Μολωχ
Molōkʰ steht das zweite /o/ für den
Murmellaut Šwa und setzt also
*Mol°k
voraus.
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Vgl.
עמרה
*Ġamoráh, heute
ʕAmoráh
= griech. Γομορρα
Gomorra
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aram *נצריא
Náćerajjâ
> griech.
Ναζωραῖος
Nazōraios (Beiname Jesu) = hbr. נצרי
noćerî 'Christ'
Hier steht im Griechischen ebenfalls <ω ō> für den Murmelvokal in
unbetonter Silbe.
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Hbr. מלך
moläk, sam. mēlek,
griech. *Mol°kʰ sind Pausaformen von
mäläk 'König', wahrscheinlich identisch mit dem
punischen molc.
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Das Wort kann
eigentlich nur 'König' bedeuten und war wohl Titel der Unterweltsgottheit
("Kronos").
Nachtrag
29.12.2015
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Markus
Tymister,
Ite, missa est! - Herkunft und Bedeutung des Entlassrufes der Messe
offenbar übersetzt aus Matias Augé,
Una opinione sul significato dell' "Ite, missa est" und nach Giovanni
Garbini, Dio della terra, dio del cielo.
zitiert einen spätpunischen Text (4°):
Das wäre
hbr. מלאך
malʔák
'Bote, Engel'
1,554f
< לאך lʔk 'als Bote senden'.
1,4488
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Versteht
man molok sachlich als 'Auftrag', nicht als
'Bote', dann wäre das = hbr. מלאכה məlākā
'Sendung, Geschäft, Arbeit, Ware, Sache, Dienst, Kultdienst'
1,555
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also auch
'Opfer'?
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Schrift:
ARIAL UNICODE MS
Sonderzeichen
Abkürzungen
[1]
herkömmliche Deutung: מלך
moläk und תפת
topät
'heidnischer Verbrennungsplatz' sind vokalisiert wie בשת
bošät 'Schande'
als Zeichen des Abscheus. Dagegen spricht aber, dass קדש
qodäš
'Heilgkeit' genauso vokalisiert ist und man das normale Wort בעל
baʕal
'Herr' ja auch nicht vom Götzen Baal unterschieden hat.
[2]
Eine Pausaform
mit gedehntem Vokal steht am Ende des Satzes. Das Wort für 'König' kommt am
Satzende nicht vor, daher ist keine Pausaform überliefert. |